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Der gemeinsame Garten

Mit dem Projekt „Cultural Awareness & Storytelling“ haben Momo und ich unseren gemeinsamen Garten eröffnet.

Wir haben ihn voller Freude zusammen ersonnen, geplant und angelegt. Wir haben gemeinsam überlegt, welche Pflänzchen gesetzt werden und wohin. Wir haben die Blütezeiten recherchiert und berücksichtigt, ebenso, wie den Schnitt, damit ein schöner blühender und gesunder Garten für alle entsteht.

Dann ging es an die Arbeit. Wir haben die Hemdsärmel hochgekrempelt und den Boden beackert, umgegraben, fruchtbar gemacht.

Parallel haben wir Samen gesetzt und kleine zarte Pflänzchen vorgezogen. Oft von zu Hause aus, jede für sich, für den gemeinsamen Garten.

Stück für Stück brachten wir unsere unterschiedlichen Setzlinge mit, teils aus den vorgezogenen Pflanzen aber auch viel von den über die Jahre und Jahrzehnte gewachsenen Pflanzen im heimatlichen Garten. Nachdem wir sehr unterschiedliche Gärten haben, kam eine schöne bunte Vielfalt zusammen, die sich sehr harmonisch zu etwas ganz Neuem verbinden konnte.

Der Garten war angelegt, die Samen gesetzt, die Setzlinge in den Boden gepflanzt. Aber, wie jede Gärtnerin weiß, so ein Garten braucht ständige Aufmerksamkeit. Er will gehegt und gepflegt werden; gerade am Anfang, wenn die Pflanzen noch klein sind.

Ich habe aber nicht nur einen Garten, wie auch Momo nicht nur einen Garten hat.

Ich habe viele kleine Gärten, die alle meine Zuwendung und Aufmerksamkeit brauchen. Dann ist da noch der Garten der Ahnen, der auch Pflege braucht, nicht nur ab und an. Und natürlich gibt es auch mein Feld, auf dem ich Getreide und Gemüse, Obst und Kräuter anbaue; damit ich etwas zu essen habe.

All das erfordert meine Zeit, meine Aufmerksamkeit und meine Zuwendung.

Da blieb manchmal wenig Zeit für den gemeinsamen Garten mit Momo, zu wenig Zeit. Wenn ich dann zur gemeinsamen Gartenarbeit vorbeikam, war vieles schon gemacht und manches auch verändert.

Momo hatte Abschnitte neu sortiert und zugeteilt, um den Garten nach bestem Wissen und Gewissen für alle gut zu bewirtschaften. Mein Abschnitt wurde immer kleiner. Momos Abschnitt wurde immer größer. Da gab es Ecken, die ich noch gar nicht wahrgenommen hatte. Natürlich war ich immer wieder überrascht, aber nachdem ich ja auch weitaus weniger Zeit für den gemeinsamen Garten hatte, hat Momo eben allein weitergemacht.

Der Garten aber fiel aus der Balance. Schlingpflanzen krochen aus dem Dickicht des Unmuts: Ungeduld, Rechtfertigungen, Gewissensbisse, Missverständnisse.

Nun sind wir an einem Punkt angekommen, an dem es kein gemeinsamer Garten mehr ist. Es ist Momos Garten. Sie hat die meiste Zeit dort verbracht, Entscheidungen getroffen, bewässert und bepflanzt, Wege angelegt und ausgebaut, Bereiche definiert. Meine kleinen Setzlinge gedeihen dort gut und haben sich schon lange mit Momos Pflanzen zu einem harmonischen Gesamtbild verbunden.

Meine über die Jahre gewachsenen Pflanzen aber muss ich wieder mitnehmen; sie gehören zu mir und lassen sich nicht einfach in andere Gärten übernehmen. Sie brauchen Zeit, viel Zeit, und es hilft nicht, am Stängel oder den Blättern zu ziehen; deshalb wachsen und blühen sie nicht schneller. Im Gegenteil, sie gehen ein, wenn man zu sehr daran zieht. So räume ich schweren Herzens mein Feld, freue mich aber darauf, als Gast vorbeizukommen.

Ich bringe immer wieder Ableger und Setzlinge mit, damit Momos Garten weiterhin von meinen anderen Gärten profitieren kann und sich meine Pflanzen mit all denen verbinden, die noch in diesen Garten getragen werden, so dass ein schöner, bunter, blühender Garten entsteht, der Früchte für alle trägt, die Herzen mit Freude erfüllt und Vorübergehende ins Staunen und Träumen versetzt.

Ich wünsche Momo weiterhin ein gutes Händchen bei der Gartenarbeit, bei der Auswahl der Pflanzen und vor allem viele helfende Hände, denn so ein Garten braucht eben mehr als nur ein oder auch zwei Paar Hände.


The collective garden (English)

With the project „Cultural Awareness & Storytelling“ Momo and I launched our collective garden. Full of joy, we conceived, planned and designed it together. We thought together about which plants to put and where to put them. We did research and considered the flowering times, as well as the trimming, so that a beautiful flowering and healthy garden would emerge for everyone.

Then it was time to get to work. We rolled up our shirtsleeves and tilled the soil, dug it up, made it fertile.

At the same time, we planted seeds and grew tender little plants. Often from home, each of us for ourselves, for our common garden.

One by one, we contributed our different seedlings, partly from the pre-cultivated plants but also plenty from the plants that had grown over the years and decades in the backyard at home. Since we have very different yards, a lovely colourful variety arose, which harmoniously intertwined to form something completely new.

The garden was laid out, the seeds were planted in the ground. But, as every gardener knows, such a garden needs constant attention. It needs to be nurtured and cared for, especially in the beginning when the plants are still just barely growing.

But I don’t have just one garden, just as Momo doesn’t have just one garden.

I have many small gardens, all of which need my dedication and my close attention. Then there is the ancestral garden, also needing care, not just now and then. And of course there is my field where I grow my crops and vegetables, fruits and herbs; so that I have something to eat.

All that requires my time, my dedication and my constant attention.

Sometimes there remained little time for gardening with Momo, too little time. When I came over to do some gardening together, a lot had already been done by Momo and some things had been changed.

Momo had rearranged and allocated sections to manage the garden well for everyone to the best of her ability. My section was getting smaller and smaller. Momo’s section was getting bigger and bigger. There were corners that I hadn’t even noticed yet. Of course I was always surprised, but since I had far less time for the garden, Momo continued on her own.

The garden, however, fell out of balance. Creepers crawled out of the thicket of resentment: impatience, justifications, remorse, misunderstandings.

Now we have reached a point where it is no longer a common garden. It is Momo’s garden. She has spent most time there, making decisions, watering and planting, creating and extending paths, defining areas. My little seedlings are thriving there and have long since joined Momo’s plants to form a harmonious ensemble.

But I have to take my mature plants back with me; they belong to me and cannot simply be transferred to other gardens. They need time, a lot of time, and it doesn’t help to pull on the stem or the leaves; that won’t make them grow and flower any faster. On the contrary, they die if you pull too much. So it is with a heavy heart that I clear my ground, but I look forward to coming by as a guest.

I continue to bring cuttings and seedlings, so that the garden continues to benefit from my other gardens and my plants combine with all those that are also carried into this garden, so that a beautifully colourful, flowering garden emerges that bears fruit for everyone, fills our hearts with joy and makes passers-by gaze in wonder.

I truly wish Momo a continuously good hand in gardening, in the selection of the plants and, above all, many helping hands, because a garden like this needs more than just one or two pairs of hands.