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Spätherbst-Auflauf

Ich habe alles sorgfältig vermischt:
Eine Flasche voll feinstem Nieselregen,
ein Liter oder mehr,
passiert durch ein Netz,
gesponnen aus den zartesten Nebelfäden,
die kalten und feuchten.
Eine gute Portion Herbststurm,
der deine Haare zerzaust und deinen Schirm umklappt.
Dazu ein kräftiger Schuss letzter wilder Blätterwirbelwind,
fein gewürzt mit dem leisen Rascheln der Blätter unter deinen Füßen.
Darüber kunterbunte Streusel aus der Waldschatzdose,
sorgfältig gesammelt,
Eicheln und Bucheckern, Zapfen und Moose.
Nun genüsslich weiche, dickflüssige Tropfen zugeben:
ein Teelöffelchen Kuschelsocken,
ein Teelöffelchen weiche, wärmende Wolldecke,
dein Lieblingstee ganz nach Geschmack,
in deiner Lieblingstasse angerührt,
und ein paar Funken prasselndes, knisterndes Kaminfeuer.
Diese Mischung ordentlich rühren
und Märchenworte hineinflüstern
(Gedichte sind als Variante zulässig).
Nun kommen noch ein paar besondere Feinheiten hinzu:
Ein paar Tropfen Anderswelt und Übergangszeit.
Dazu noch ein Quentchen Kriegerinnen-Qualität,
klar, schlagkräftig und weise.
Eine Prise Sexyness mit schwarzen Lederstiefeln und kurzen Röcken.
(Du weißt schon; die ich im Sommer nicht anziehe.)
Das Ganze geräuchert über dickschwadigen, harzigen Rauch.
Zuletzt noch ein paar Tropfen von dem guten, schweren Rotwein
aus vollmundigen, roten Trauben mit Kirsch- und Himbeeraromen.
Mit viel Gelassenheit im Ofen backen,
gut drei Stunden oder mehr.
Den Sommer ziehen lassen, den Winter vorbereiten.
Möchtest du ihn kosten,
meinen wundersamen Spätherbstauflauf?

Ersonnen von meiner Kaffeetasse bei meinen Abenden für kreatives Schreiben „Meine Kaffeetasse erzählt…“ – Noch freie Plätze!
(Idee nach Gerngroß/Krenn/Puchta: Grammatik kreativ)